Wir werden hier viel schreiben in den nächsten Tagen
Ich bin Thomas Reisberg, der jetzige Firmeninhaber, der Enkel von Gustav Reisberg. Ich habe ihn leider nicht mehr kennen lernen dürfen, ich bin 1966 geboren. Gustav Reisberg ist 1960 schon gestorben. Somit ist vieles, was ich hier schreibe aus den Erzählungen von meinem Vater Gottfried Reisberg weitergegeben worden. Mein Bruder Jürgen Reisberg, er ist 14 Jahre älter als ich, hat viel weitergeben können.
Warum war mein Opa also in Berlin bei Bechstein? Warum hat er den Betrieb gerade 1928 gegründet?
Dies hat eher persönliche Gründe gehabt. Die Wege von Gustav Reisberg, geboren 1885, und Wilhelm Furtwängler, geboren 1886, kreuzten sich schon recht früh. Sie lernten sich als junge Männer kennen, wo genau ist uns leider nicht bekannt. Nun ging Herr Furtwängler irgendwann nach Berlin und mein Opa war bei Bechstein, ob dies zeitgleich war, ist leider auch nicht übermittelt. Mein Opa erledigte dann viele Arbeiten, vor allem Stimmungen in der Staatsoper Berlin, wo Wilhelm Furtwängler lange Zeit Generalmusikdirektor war. Sie sind wohl zusammen auch viel gereist, waren befreundet. Nun kam das Jahr 1928 und Wilhelm Furtwängler ging nach Amerika, an andere Spielstätten. Genau zu diesem Zeitpunkt ging mein Großvater wieder zurück nach Dortmund, wo er am 01.07.1928 den Betrieb Piano Reisberg in Dortmund Hörde gründete. Das Haus der Firmengründung existiert heute nicht mehr, es würde heute direkt am Phönixsee stehen.
Ob er es wirklich gemacht hätte, wenn er in die Zukunft hätte blicken können? Kurz vor der Weltwirtschaftskrise, Inflation und Börsencrash? Wir wissen es nicht, aber vielleicht war gerade das auch der Auslöser, vielleicht musste man zu dieser Zeit ganz andere Wege versuchen!
Gustav Reisberg hat einen reinen Reparaturbetrieb gegründet, zu dieser Zeit sehr viel für Kirchengemeinden, Theater, Musiklehrer gearbeitet. Es war damals auch üblich, den Bereich vielen Harmonien mitzubetreuen. Er spielte damals dieses Instrument in verschiedenen Kirchengemeinden.
Zu dieser Zeit wurden die Söhne Erich, 1920, und Gottfried, 1928, von insgesamt 5 Kindern geboren, sie werden später noch eine Rolle in der Chronik spielen.
Wie viele Klavierbauer es zu dieser Zeit in Dortmund gab, ist uns leider nicht bekannt. Nun kamen die Jahre 1933, bzw. 1935, der Krieg in Deutschland begann. Gottfried war noch zu jung, um eingezogen zu werden. Der älteste Sohn wurde aber recht früh in den Krieg berufen, später auch Erich, bereits mit 17 Jahren. Wie es mein Großvater geschafft hat, auch über die Kriegsjahre weiter tätig zu sein, ist schwer zu sagen. Mein Vater erzählte mir, dass ja auch in dieser Zeit viel musiziert wurde. Die großen Festsäle wie man heute z.B im Freischütz Schwerte zu sehen ist, waren groß. Es wurde dort viel getagt und gefeiert und überall standen auch Flügel, die gestimmt und repariert werden mussten. Aus heutiger Sicht, auch aus meiner Sicht, kaum zu glauben, aber es war wohl so.
Leider kam der älteste Sohn von Gustav nie wieder aus dem Krieg.Der Betrieb war nach dem Krieg sehr zerstört. Er lag direkt neben Hoesch. Das Stahlwerk war immer ein großes Angriffsziel. In der Umgebung wurde sehr viel zerstört. Wenn ich das gerade so schreibe, kann ich nicht leugnen, dass die Augen nass werden. Was für eine scheckliche Zeit. Was wurde den Menschen abverlangt. ich denke gerade, jo, wir haben heute Probleme, aber so ist es wohl, wenn man die Zeitachse über 100 Jahre spannt!
Nun waren viele Spielstätten zerstört, viele Instrumente im Schutt begraben oder auch verbrannt von den Besatzungsmächten. Mein Vater hat mir dann in der 80er Jahren oft erzählt: Thomas, wir haben damals aus dem Schutt Teile geborgen und aus 6 Instrumenten eins zusammengebaut, damit das Theater überhaupt Instrumente wieder bekam, um neu zu starten. Es gab ja nichts.
Sowohl Erich als auch Gottfried Reisberg haben zusammen die Ausbildung gemacht, zusammen die Gesellenprüfung und beide am 15.02.1954 die Meisterprüfung abgelegt. Sie arbeiteten einige Zeit zusammen, aber wie es so oft dann in der Familie läuft, zusammen gab es Schwierigkeiten. So eröffnete Erich Reisberg später einen Musikalienhandel, Gottfried führte den Klavierbaubetrieb weiter. Das Haus vom Musikalienhandel steht heute noch, nah am Phönixsee, da wo früher die Stftsbrauerei war. Dies zeigte mir mein Bruder vor kurzem, mir war das gar nicht bekannt.
Leider hat Erich Reisberg aus den Kriegstagen eine schwere Krankheit bekommen und ist schon sehr jung im Jahr 1962 mit erst 42 Jahren verstorben.
Gustav Reisberg hatte dann in Dortmund Berghofen ein Haus gebaut, dort einige Zeit auch die Werkstatt betrieben. Man musste zu der Zeit erst mal viel improvisieren. Die Werkstatt in Dortmund Hörde an der Hermannstr. war nach dem Krieg nicht mehr zu nutzen.
Nun arbeitete die Familie erst mal zusammen. Im Jahr 1959 übernahm Gottfried Reisberg, mein Vater, den Betrieb und konnte ein Gebäude in der Karl Zahn Str. kaufen. Dieses war auch zerstört und mein Vater hat es über viele Jahre selber aufgebaut mit Hilfe der Familie und vielen Freunden. Es waren schwere Zeiten. Zum einen musste man viel noch aufbauen, aber es wurde halt auch alles gebraucht, auch Klaviere, Flügel und Reparaturen. Nach und nach wuchs der Wohlstand in Deutschland. Es kamen die Kinder Jürgen, Gisela und Thomas, dies bin ich, 1966 geboren, in den Jahren auf die Welt.
Gottfried Reisberg baute step by step auf, arbeitete damals schon mit vielen Kollegen zusammen. Er war drei Jahrzehnte Obermeister der Innung in Dortmund, engagierte sich zusammen mit vielen Kollegen, dass die Schule in Ludwigsburg zentrale Stelle der Ausbildung wird. Er hat viele Klavierbauer ausgebildet, er betreute viele Konzerthäuser, das Theater Dortmund, viele Veranstaltungen. Er war sehr engagiert in einigen Kirchengemeinden. Hier möchte ich Wellinghofen hervorheben, wo Gottfried Reisberg viele Jahrzehnte auch musikalisch unterwegs war. Er spielte Bratsche, seine Leidenschaft. Ich wuchs damit halt auf, sowohl mit vielen Konzerten und musikalischen Klängen, ich war als Kind schon mit dem Klavierbau verwurzelt. Jeden Tag wurde gestimmt, wurde repariert, gespielt. All dies bekommt man als Kind schon mit, klar, dass man da vorbelastet ist.
Mein Vater baute nie Druck auf, natürlich half ich später mit, konnte mein Taschengeld dort aufbessern. Als die Schule so zu Ende ging, fragte mich mein Vater ganz wertfrei, willst du das weiter machen? Es war für mich eigentlich keine Frage, aber dass mein Vater es nicht diktiert hat, mich fragte, mir Spielraum ließ, kann ich aus heutiger Sicht nur mit Weisheit, Fingerspitzengefühl oder Weitsicht beschreiben. Ich sage einfach noch mal DANKE an dieser Stelle.
Auch wenn mein Vater 2009 verstorben ist, durch sein Lebenswerk lebt er hier immer weiter. Immer noch kennen ihn viele der älteren Kunden, der Kreislauf des Lebens schließt sich hier sehr schön, man ist halt nie vergessen!
Nun bin ich schon bei meiner Tätigkeit angekommen. Ich habe die Lehre 1983 begonnen, bei meinem Vater, machte Praktika bei Herstellern, damals gab es noch viele Hersteller und Kollegen, da half das perfekte Netzwerk sehr. Nach der Gesellenprüfung in Ludwigsburg arbeiteten wir viele Jahre zusammen. Mein Vater zeigte mir alles, was man wissen muss, so viele Tipps und Ratschläge, richtiger Umgang mit Kunden, der Stadt, viele Kirchengemeinden und der Ablauf dort, viele Theater, Berufsmusiker und musikbegeisterte Kunden. Es war eine sehr schöne Zeit, auf die ich bis heute gerne zurückblicke.
Gottfried Reisberg war sein ganzes Leben in der Innung aktiv, er leitete die Fusion von der Innung Dortmund und Innung Düsseldorf ein, hier bin ich heute noch tätig.
Ich ging dann natürlich auch nach Ludwigsburg und machte 1991 dort den Meisterblock mit und legte später die Meisterprüfung dort ab. Dies war zu dieser Zeit auch noch Pflicht, wenn man im Handwerk einen Reparaturbetrieb führen wollte.
Ich war in ganz frühen Jahren schon im Innungsleben aktiv, mein Vater nahm mich schon früh mit. Ich wurde selber Mitglied, später im Vorstand tätig und seit vielen Jahren selber auch als Obermeister.
Nun wiederholt sich die Geschichte etwas, denn ich fusioniere gerade die Innungen Düsseldorf und Innung Münster mit dem dortigen Obermeister. Wir streben eine Landesinnung NRW an. Das Netzwerk mit der Bundesinnung, dort bin ich im Fachbereich Klavier tätig, der Schule in Ludwigsburg, zu allen anderen Musikinstrumentenbauern und deren Schulen im Vogtland und in Mittenwald ist perfekt. Dieses Netzwerk hilft in der heutigen, nicht ganz einfachen Zeit doch sehr, der Austausch gegenseitig ist perfekt!
Seit einigen Jahren sind wir nun im schönen und grünen Dortmund Holzen ansässig. Wir haben den Reparaturbetrieb noch mal stark ausgebaut, ganz aktuell in 2023 eine weitere und zusätzliche Werkstatt umgesetzt. Leider ist im Jahr 2022 unser langjähriger Mitarbeiter nach kurzer schwerer Krankheit verstorben. ich musste umstrukturieren, neue Mitarbeiter gefunden.
Nun arbeite ich seit einigen Jahren schon mit meinem Sohn Niko Reisberg zusammen, er ist dann die vierte Generation und setzt gerade seine Ideen für die Zukunft um. Niko kümmert sich um die Organisation, Terminplanungen, organisiert die Werkstatt und auch unseren Kalender im Außendienst. Ein neues Firmenlogo wird nun folgen. Den Part der Sozial Media Werbung und Information dort wird er ausbauen. Ein neuer Partner im Logistikbereich ist gefunden. Der Schwerpunkt wird bei der Reparatur, Lackierungen und Überarbeitung von guten gebrauchten Klavieren und Flügeln liegen. Hier sind wir sehr stolz, dass wir diese Arbeiten noch selber erledigen, da wir es gelernt haben.Wir vergeben keine Arbeiten ins Ausland wie es oft gemacht wird. Dies ist uns sehr wichtig und wir möchten es betonen. Gerne geben wir hier Auskunft.
Nun sind wir schon im aktuellen Jahr 2023 angekommen!
Vielleicht haben Sie alles gelesen. Wenn Sie Fragen haben, wir sind immer für Sie da und beantworten diese sehr gerne.
Wir sagen Danke an all unsere Kunden, in der Vergangenheit, in der Gegenwart und für die Zukunft.Wir werden diesen schönen Beruf weiter führen und ausbauen, auch wenn es gerade immer schwieriger wird.
Wir arbeiten daran, diese Firmenchronik noch über viele Jahre und Jahrzehnte fortzuführen!
Das ganze Team und die Familie Reisberg sagt noch mal ganz lieben Dank!
Stand 30.Juni 2023